2018-05-18_Test-Titelleiste_2280x300

Der IM war mein bester Freund

DDR-Zeitzeuge Felix-Heinz Holtschke im Geschichtsunterricht der Stufe 12

von Klara Krause

 

Auch wenn die Wiedervereinigung Deutschlands erst vor 30 Jahren stattgefunden hat, so ist sie genauso wie die Zeitspanne des in Bundesrepublik und DDR geteilten Deutsch-lands für uns Schüler erst einmal ein geschichtliches Ereignis, das uns manchmal ähnlich weit wie beispielsweise die französische Revolution entfernt scheint.

Obwohl der ein oder andere mit seinen Eltern oder Großeltern schon über die Zeit der Deutschen Teilung gesprochen hat, ist es für uns doch unvorstellbar, ein durch eine Mauer getrenntes Deutschland zu erleben.

 

Im Rahmen des Geschichtsunterrichts hatten Schüler der Stufe 12 die Möglichkeit, einen Zeitzeugen, der in der DDR großgeworden ist und gelebt hat und somit den damaligen Alltag erfuhr, zu treffen und seine Perspektive und Sicht auf die DDR kennenzulernen:

Herr Felix-Heinz Holtschke kam im Rahmen des Zeitzeugen-Projektes des Landesver-bands der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) und der Ruhr-Universität Bochum zusammen mit Herrn Dr. Frank Hoffmann zu uns in die Schule.

 

Sehr persönlich erzählte Herr Holtschke uns Schülern von seinem Leben in der DDR: Besonders detailliert schilderte er seinen Alltag im Kindes- und Jugendalter und den damit verbundenen Wunsch nach der Freiheit, das Land zu verlassen und andere Facetten der Welt kennenzulernen. Er berichtete, wie hautnah er den Einmarsch des Warschauer Pakts im August 1968 in Prag auf seiner Fahrradtour nach dem Abitur erlebt hat.

Immer wieder sprach er von seinem inneren Drang, die DDR verlassen zu wollen, was er mit dem Gefühl begründete,  „ein Mensch zweiter Klasse“ zu sein, der sich nicht frei bewegen durfte. So versuchte er mehrfach sowohl auf offizielle als auch auf inoffizielle Weise, gemeinsam mit seiner Frau auszureisen.

 

Die damals überall präsente Stasi allerdings hatte ihn im Visier, mit dem Ergebnis, dass er im Gefängnis Hohenschönhausen in Berlin gefangen gesetzt wurde. Sehr detailliert und persönlich erzählte er uns auch von dieser Zeit, genauso wie von seinem  Freikauf und dem Start in ein freies Leben in der BRD.

 

Erstaunlich, erschütternd und ergreifend war für uns Schüler die Anzahl und die Beharr-lichkeit der inoffiziellen Mitarbeiter der Stasi, die ihn beschattet und ausgeliefert haben, obwohl sie ihm teils persönlich sehr nahe standen.

 

Wir sind dankbar für die offene Art, mit der Herr Holtschke uns begegnet ist. Es ist eine wirklich bereichernde Erfahrung, eine ganz individuelle und private Lebensgeschichte aus der DDR zu hören, die uns einen konkreten Einblick in diese Diktatur ermöglicht.

Für den Geschichtsunterricht ist es sehr sinnvoll, einen Zeitzeugen einzuladen, da so die Geschichte, die noch nicht lange zurückliegt, konkreter und greifbarer wird. Oft realisieren wir Schüler erst dadurch den brutalen Alltag der Menschen zwischen dem Gefangen-Sein in der Diktatur hinter der Mauer und dem Wunsch nach Freiheit.