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Und jetzt auch noch fasten?!      

24. Februar 2021

 

Liebe Eltern, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitarbeiterinnen,

seit etwa einem Jahr sind wir nun schon dabei, gemeinsam den Umgang mit CoViD-19 zu bewältigen. Das hat uns bis heute viel abverlangt und wird uns aller Voraussicht nach noch viel abverlangen. Ich habe besonders wahrgenommen, dass es oft schwer fällt zu verstehen, Sachverhalte ebenso wie Menschen. Unser Netz der Erziehungspartnerschaft wurde und wird gebraucht und ist gleichzeitig hohen Belastungen ausgesetzt. Und jetzt auch noch fasten? Verzichten müssen wir doch ohnehin schon auf mehr, als wir es uns je hätten vorstellen können. Und der Zeitraum von vierzig Tagen ist um ein Vielfaches überschritten. 

Dabei ist der von uns üblicherweise verwendete Begriff „Fastenzeit“ eher missverständlich. Denn die Zeit der „40 Tage“ definiert sich nicht über den Verzicht, vielmehr will sie, bevor das entscheidende Fest gefeiert werden kann, Ostern, die Auferstehung, Gelegenheit sein zu klären, wo wir eigentlich stehen. Mit unserem Leben. Mit all den Päckchen, die uns dieses Leben ohnehin aufbürdet oder die wir uns noch dazu packen. Mit unserem Glauben, dessen wir uns gerade noch sicher waren und der uns auf einmal unverfügbar erscheint. Wenn fasten dazu helfen sollte, dann bitte. Andere brauchen stattdessen einen Rückzugsort. Ein Zeitkontingent. Einen, der zuhören kann.

Das ist etwas anderes als der ja auch durchaus sinnvolle zeitweise Verzicht auf Alkohol, Zucker, Autofahren oder etwa die exzessive Handynutzung. Denn hier ist ja die Entscheidung, was zu tun, was zu verändern ist, längst gefallen. Die österliche Bußzeit (so nennt sie das II. Vatikanische Konzil) dagegen will helfen, sich selbst erst wieder in den Blick zu nehmen, Perspektiven zu prüfen, ein Ziel (wieder) zu finden. Und das wiederum, so meine ich, das könnten wir in einer Zeit mit so großen Herausforderungen, Veränderungen und Belastungen, ganz gut gebrauchen. Ein paar Beispiele:  Was brauche ich eigentlich wirklich? Wie frei bin ich, meine Bedürfnisse selbständig wahrzunehmen, meinen Alltag zu gestalten? Wie bin ich bisher durchgekommen? Was hat mich getragen? Hat sich mein Verhalten geändert, meine Wahrnehmung, mein Konsum? Welche Verletzungen habe ich erfahren, habe ich verursacht? Wie kann ich mich aussöhnen mit der Zerbrechlichkeit des Lebens?

In unserer Schulkapelle gibt es die eher seltene Darstellung des Heiligen Onofrius. Er gleicht einem Waldschrat, fürs Auge durchaus gewöhnungsbedürftig. Onofrius praktizierte in der Wüste von Ägypten eine extreme Form des Rückzugs aus der Zivilisation einerseits und der bewusst gelebten Beziehung zu Gott andererseits. Die Kapuziner nahmen ihn sich zum Vorbild, denn ihr Leben zeichnete sich nicht nur durch ein besonderes Engagement für alle notleidenden Menschen aus, sondern auch durch regelmäßige Zeiten der Stille und der Abgeschiedenheit, um den eignen Standpunkt zu klären, um sich der Beziehung zu Gott zu vergewissern und so Kraft zu schöpfen. Onofrius war den Kapuzinern eine Mahnung, sich im Alltag nicht zu verlieren. Das kann wohl auch heute noch passieren.

Liebe Eltern, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitarbeiterinnen, ich hoffe, ich habe Sie nicht gelangweilt. Es ist für mich schwer, Ihnen meine Gedanken zu schreiben, ohne dass ich Sie sehe. Bei einer Predigt könnte ich auf Ihre Mimik reagieren. Hier bleibt mir nur die gute Absicht, den kommenden Impulsen einen Rahmen zu geben. Sie werden von jetzt an jedem Mittwoch der Fastenzeit einen Impuls erhalten, um den Ihren Gedanken, Gefühlen und Fragen Raum zu geben und sie letztlich auch Gott anzuvertrauen. Wenn Sie aber auch mit mir darüber ins Gespräch kommen möchten, dann melden Sie sich einfach, am besten über meine E-Mail-Adresse: wirthmueller@suitbertus.de

 

Und nun wünsche ich Ihnen noch alles, was Sie brauchen weiterhin und grüße Sie sehr herzlich

Ihr Johannes Wirthmüller

Die 40 Tage vor Ostern - und....