10. März 2021
Liebe Eltern, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitarbeiterinnen,
es sei vielleicht die Chance, so war zu Beginn der Pandemie zu hören, mal runterzufahren, zur Ruhe zu kommen, wahrzunehmen, was wir überhaupt tun, und nach uns selbst zu fragen. Zurzeit höre ich eher, dass „wir es nicht mehr aushalten“, „endlich wieder reisen wollen“ und vieles mehr. Immer scheint jemand zu wissen, was uns gerade gut tut. Ich will mich bemühen, in diese Falle nicht zu gehen. Ich möchte aber mit Ihnen teilen, dass ich nicht erst seit Corona gut darauf achten muss, die Balance aus der Nächsten- und der Selbstliebe Lev 19,18 (=Lk 10,28) zu halten. Ich höre das auch durchaus von anderen. Und erstaunlicherweise ist es oft die Selbstliebe, die zu kurz kommt. Tatsächliche und vermutete Notwendigkeiten, vorgeführte und erträumte Lebensbilder lassen manchen einen hohen Preis zahlen. Wie nehmen wir uns eigentlich wahr? Haben Sie sich einmal in Ruhe im Spiegel betrachtet? Bestimmt. Was schaut uns da alles an! So viele Erfahrungen, Begegnungen! So viele frohe Stunden und auch schwere. Was haben wir schon alles gemeistert in den vielen Jahren unseres Lebens! Wir waren so – frei? Warum eigentlich nicht? Sagen: Ich möchte oder ich möchte nicht, ich will oder ich will nicht. Ich habe erspürt, erkannt, was ich brauche – und nehme mir die Freiheit, es zu tun. Es könnte passieren, dass ich als „weniger kompatibel“ wahrgenommen werde. Bestimmt aber als mehr authentisch. Mein JA wird belastbar und mein NEIN erinnert andere daran, dass ich nicht „etwas Eigenes habe“, sondern etwas Eigenes bin.
Liebe Eltern, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitarbeiterinnen, ich möchte heute schließen mit dem Hinweis auf das Foto am oberen Bildrand. Das Foto zeigt eine Blume, deren Zwiebel zusammen mit weiteren 856 um den 4.September herum als Hoffnungszeichen zum Patrozinium 2020 am Rande unseres Schulhofs von allen Schülerinnen und Schülern gepflanzt wurde. Wir hatten keine Sicherheit, aber wir waren überzeugt, dieses Zeichen zu setzen. Das ist nun mehr als sechs Monate her. Keiner von uns konnte damals wissen, wie das Resultat aussehen würde. Jetzt aber ist es da, unübersehbar.
Ja, wir haben die Freiheit, zu entscheiden, zu gestalten. Zu leben! Und wir können sie nutzen, immer und immer wieder.
Ich sende Ihnen allen einen guten Segen und grüße Sie sehr herzlich
Ihr Johannes Wirthmüller